Was wir fühlen, denken, erleben und tun, wird durch unser Gehirn gesteuert. Unser Gehirn ist äußerst mächtig. Doch weißt Du eigentlich, was in Deiner Kommandozentrale im Kopf wirklich vor sich geht? Ich möchte Dir im Folgenden einige bereits wissenschaftlich belegte Funktionsweisen des Gehirns erläutern, die Dich ins Staunen versetzen werden.
1.
Viele Menschen denken, sie seien das Produkt ihres fest veranlagten und unveränderbaren Gehirns. Dabei hat die Wissenschaft längst entdeckt, dass unser Gehirn plastisch, also veränderbar ist: Durch Stimulation können neue neuronale Verbindungen (Synapsen) gebildet und durch Wiederholungen gefestigt und gestärkt werden.
2.
Rund um die Uhr empfängt, ordnet und filtert unser Gehirn Informationen der Sinneswahrnehmung und ermöglicht dadurch, dass wir unsere Umwelt wahrnehmen und mit ihr interagieren. Dabei gleicht das Gehirn die Wahrnehmungen zunächst mit bereits im Gedächtnis und Unterbewusstsein abgelegten Erfahrungen und Erinnerungen ab, um Energie zu sparen. Sobald in einer neuen Situation Aspekte wahrgenommen werden, die zu abgespeicherten Wahrnehmungen passen, wird das aktuelle Ereignis mit den „alten“ Gefühlen aufgeladen und es folgt eine automatische Reaktion. Dieser Vorgang ist in unserem Stammhirn gespeichert, ausgesprochen schnell und kann jederzeit ausgelöst werden. Wurden in unterschiedlichen Lebensphasen negative Glaubenssätze oder Reaktionsmuster abgespeichert, können diese sogar durch kleine Trigger immer wieder unbewusst aktiviert werden, manchmal reicht schon ein Wort oder eine besondere Geste. Aufgrund schlechter Vorerfahrungen reagieren wir dann besonders emotional oder gereizt. Wir sind nicht in der Lage eine der aktuellen Situation angemessene und passende Reaktion zu zeigen, stattdessen bestimmen unsere abgespeicherten Reaktionsmuster unser Handeln. Das kann unser Leben und unsere Beziehungen sehr stark belasten. Dabei belegen neurobiologische Studien, dass Emotionen, wie Wut oder Zorn von unserem Körper biochemisch innerhalb von 90 Sekunden wieder abgebaut sind. Jedoch stecken wir aufgrund von unbewusst ablaufenden Prozessen auf neurologisch-psychologischer Ebene viel länger bzw. immer wieder in diesen Emotionen fest.
3.
Unser Gehirn verarbeitet positive und negative Informationen unterschiedlich. Negative Erinnerungen und Ereignisse sind sehr beständig und haben einen größeren Einfluss auf unsere psychischen Prozesse und Verhaltensweisen als neutrale oder positive Ereignisse. Evolutionsbiologisch war es früher überlebenswichtig Negatives und Gefahren stärker wahrzunehmen. In unserem heutigen Alltagsleben führt das allerdings oft dazu, dass wir uns nur auf Defizite konzentrieren.
4.
Negative Gedanken- und Emotionskreisläufe treten verstärkt dann auf, wenn wir uns körperlich müde, emotional verletzlich oder überfordert fühlen. Wenn sich unsere Gedanken auf Konflikte, Probleme und Sorgen konzentrieren, dann können uns unsere Emotionen und Gedankenspiralen förmlich überfluten und lassen sich von uns nicht so leicht steuern. Das Gehirn scheint im Autopiloten zu funktionieren und es entsteht eine Art Teufelskreis. In stressigen Momenten verlieren wir die Fähigkeit klar zu denken und uns zu regulieren.
5.
Unser Gehirn besteht aus zwei Hälften (Hemisphären) mit unterschiedlichen Eigenschaften. Zwar sind bislang noch nicht alle Funktionsweisen und Zusammenhänge bekannt, einige Tendenzen lassen sich aber erkennen:
In unserer linken Gehirnhälfte ist das analytische Denken, Denken im Detail, die verbale Sprache, das Zeitempfinden und die Logik angelegt, während unsere rechte Gehirnhälfte mehr für die Körpersprache, Bildersprache, Emotionen, Neugierde, Kreativität, Spontanität, Intuition und das ganzheitliche Wahrnehmen verantwortlich ist. Die beiden Hemisphären werden durch den sogenannten Balken miteinander verbunden. Sie arbeiten zusammen und ergänzen sich, so erzeugen sie eine einzige, zusammenhängende Wahrnehmung unserer Umwelt. Einzelne Eigenschaften können bei manchen Menschen ausgeprägter sein als bei anderen. Welche Eigenschaften wie stark ausgeprägt sind, hängt unter anderem auch davon ab, welche Gehirnareale überdurchschnittlich oft bzw. lange genutzt und geschult wurden: In unseren westlichen Schulsystemen wird beispielsweise das linkshemisphärische Denken und Analysieren überdurchschnittlich trainiert, während die rechtshemisphärischen Funktionen weniger aktiviert werden. Wir lernen also verstärkt das denken, analysieren und zeitliche Ordnen - befinden uns somit ständig in unseren Denkspiralen: Unser Körper ist zwar in der Gegenwart, aber unsere Gedanken sind immer beschäftigt und woanders.
Jetzt kommt das Entscheidende:
Wir sind unserem Gehirn nicht ausgeliefert
Es ist möglich, das, was in unserem Gehirn vor sich geht, bewusster wahrzunehmen und aus unseren automatischen Reaktionsmustern auszusteigen. Wir können unsere gedankliche Steuer wieder in die eigene Hand nehmen, damit nicht der Autopilot, sondern unser authentisches Ich stärker bestimmen kann, was in unserer Kommandozentrale vor sich geht.
Du möchtest wissen wie? In meinen holistic mindfulness-Kursen lernst Du die hierzu notwendigen Schritte. Du lernst durch Konzentrations- und Wahrnehmungsübungen aus einer neuen Perspektive überhaupt erstmal bewusst wahrzunehmen, was Dein Gehirn sagt – also welche Gedanken aufkommen, was sie an emotionalen Reaktionen auslösen und insbesondere auch wie und wo sich diese Gedanken und Emotionen im Körper anfühlen. Denn in dem Augenblick, indem durch ein Ereignis oder negative Gedankenspiralen starke Emotionen ausgelöst werden, reagiert auch immer der Körper, unsere Muskeln spannen sich an, unser Herz klopft schneller oder unsere Atmung stockt. Daher ist es auch auf körperlicher Ebene wichtig die Wahrnehmung zu trainieren. Je besser die Installation der neuen Perspektive erfolgt und je bewusster Emotionen, Gedanken oder Körpersignale wahrgenommen werden, desto mehr Abstand kann zu den automatisierten Reaktionsmustern gewonnen werden. Dadurch werden sie weniger aktiviert und wir werden von Ihnen nicht mehr unerwartet überwältigt. Das bedeutet natürlich nicht, dass Emotionen verdrängt oder nicht ausgelebt werden sollen. Ganz im Gegenteil: Emotionen müssen zugelassen werden. Der Unterschied ist, dass wir sie wirklich wahrnehmen und erleben, uns bewusst ist, dass sie entstehen und da sind, während sie im Autopilot-Modus gar nicht erst wahrgenommen, verdrängt, verstärkt oder sogar vermieden werden können. Wir sind also aktiv und bewusst mit unserem Körper und unseren Emotionen im jetzigen Erleben verbunden. Und genau in diesem Moment schaffen wir dadurch den Raum für eine achtsame, kompetente und situationskonforme Reaktion. Wir lernen also nicht nur unsere Trigger und Reaktionsmuster bewusst wahrzunehmen und zu erkennen, sondern wir erschaffen uns die Möglichkeit zu entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen. Aber nicht nur das: Dadurch, dass wir die neutrale Wahrnehmung trainieren, aktivieren wir zusätzlich die neuronalen Verbindungen unserer rechten Gehirnhälfte und sorgen somit für den Erhalt der gesunden Beziehung zwischen den beiden Hemisphären.